Digitaler BOS-Funk geht offiziell in Betrieb
Schäuble schaltet BOS-Funk frei
VergrößernBundesinnenministger Wolfgang Schäuble schaltet den BOS-Funk auf TETRA-Basis frei
Mit dem berühmten Druck auf einen Knopf nahm Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble die "Referenzplattform" zum digitalen BOS-Funk in Berlin in Betrieb. Dabei musste Schäuble den Normen des Betriebsfunk entsprechend den Knopf gedrückt halten, um via BOS-Funk mit dem aus Stuttgart zugeschalteten baden-württembergischen Innenminister Heribert Rech sprechen zu können. "Heute beginnt die Umstellung von Analog- auf Digitalfunk", freute sich Schäuble, der das Projekt als "größtes technlogisches Modernisierungsprogramm in Deutschland" bezeichnete.
Bis zum Jahre 2010 soll in Deutschland ein flächendeckendes Funknetz auf der Basis des TETRA-Standards haben, das von den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) wie Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und dem technischen Hilfswerk genutzt wird. Mit 500.000 Nutzern soll das BOS-Funknetz das weltweit größte seiner Art sein. Auf Seiten der für das Netz verantwortlichen Innenminister von Bund und Ländern rechnet man mit einem Kostenrahmen von 4,5 Milliarden Euro. Das gesamte Projekt ist in mehrere Teilbereiche aufgegliedert, die einzeln ausgeschrieben werden. Bereits vergeben ist der Auftrag für die "Systemtechnik", das eigentliche Funknetz, das EADS Secure Networks zusammen mit Nokia Siemens Network realisiert. Allein dieses Teilprojekt hat nach Angaben von EADS ein Volumen von 1 Millarde Euro.
EADS errichtete die bereits erwähnte Referentsplattform, über die derzeit 500 Engeräte in Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern erreicht werden können. Die Langstreckenbverbindungen, die dafür nötig sind, dass etwa Schäuble vom Berliner Bundespolizeipräsidium mit Stuttgart funken kann, besorgte der Subunternehmer T-Systems. Die Referenzplattform besteht aus ortsfesten und mobilen Basisstationen, die über Vermittlungsstellen zusammengeschaltet sind und von einem gemeinsamen Zentrum für das Netzwerkmanagement betreut werden. Auf der Referenzplattform wird vorrangig die Interoperabilität der Geräte verschiedener Hersteller getestet.
Für die gesamte Projektsteuerung des flächendeckenden Aufbaus des BOS-Funk ist ein entsprechendes Vergabefahren durch die Bundesanstalt BDBOS gestartet worden. Ein weiteres Vergabeverfahren für den Betreiber des kompletten BOS-Funknetzes soll noch im Jahre 2007 ausgeschrieben werden. Die nächste Ausschreibung gilt jedoch den Engeräten, wie der Berliner Innenminister Erhart Körting als derzeitiger Vorsitzender der Innenministerkonferenz mitteilte. Die Ausschreibung soll bereits im Herbst erfolgen, damit Mitte 2008 die Auslieferung erfolgen kann. Dem Vernehmen nach geht es um mindestens 300.000 Geräte, im Endausbau sollen es 550.000 sein. Allein Nordrhein-Westfalen braucht 80.000 mobile Handsprecheinheiten und 10.000 Funkgeräte für Polizeifahrzeuge, teilte der ebenfalls zum BOS-Start angereiste NRW-Innenminister Ingo Wolf mit. Wolf rechnete mit 500 Millionen Euro, die allein in seinem Bundesland für den BOS-Funk aufgebracht werden müssen.
Deutschland wird damit zu einem attraktiven Markt für Anbieter von TETRA-Funktechnik. Zeitgleich mit dem Start der Referenzplattform eröffnete darum Sepura eine Hauptniederlassung in München und verkündete, dass man ab sofort "digital und auf Bayerisch" funken werde. Große Hoffnungen macht man sich auch bei E*Message, dem Anbieter von Paging-Diensten, die für die Freiwillige Feuerwehr und das Technische Hilfswerk von Bedeutung sind. Ruhig ist dagegen Motorola. Im BOS-Funkbereich hatte der Konzern zuletzt damit gepunktet, die Einzatzkräfte zum G8-Gipfel von Heiligendamm mit der nötigen Funktechnik zu versorgen. Zuletzt hatte sich der deutsche Motorola-Chef Ralf Gerbershagen sehr zuversichtlich gezeigt, dass seine Firma "einen großen Teil der Ausschreibungen" bei den Digitalfunkgeräten gewinnen wird.
Mit dem Start der Referenzplattform dürfte die ebenso falsche wie gern behauptete europäische Gemeinsamkeit von Deutschland und Albanien ein Ende haben. So gehören beispielsweise auch Italien und Schweden zu den Ländern, in denen der digitale BOS-Funk noch nicht flächendeckend eingeführt ist.